Deutsche Jugendeinzelmeisterschaften
Zwischenstand nach dem 2. Tag der DJEM
Philipp Müller
DJEM
Nach drei gespielten Runden bei den älteren Altersgruppen bzw. vier in der U10 und U10w ist das erste Drittel des Turniers schon wieder vorbei und somit lassen sich erste Richtungen prognostizieren.
Hier die Auflösung der Frage aus dem letzten Bericht: Statt 57...Kc8?? standen Schwarz zwei vielversprechende Fortsetzungen zur Verfügung:
A: 57...Tf8!? deckt den f3-Freibauern. Falls korrekt 58.Lf2!, so 58...Ta8 und der Turm gibt nervige seitliche Schachs. Eine Beispielvariante ist 59.Sc2 Kc8 60.Sb4 Ta3+ 61.Kd4! Ta4 62.Kxe5! Txb4 63.c6! Tb2 64.b7+! Kc7 65.Lg3! Kxc6 66.Ke4! f2 67.Lxf2 Txb7 mit einem Tablebase-Remis (6-Steiner sind ausanalysiert und können in der Endspieldatenbank abgefragt werden). Die Schwierigkeit für Weiß bestand darin vom 61. Zug an sechs einzige Züge am Stück zu finden, schwierig!
Übrigens verlöre für Weiß 58.b7? wegen 58...Sc6! 59.Kd3 Sxd4! 60.Kxd4 Kc6! 61.Ke3 Kxb7! Hintergrund ist, dass der f3-Bauer gedeckt ist, was noch einmal für 57...Tf8!? spräche.
B: 57...Tg8 attackiert den Läufer. Die weißen Leichtfiguren müssen sich strecken, um den f3-Freibauern aufzuhalten. Korrekt ist dieses Mal 58.b7! Sc6 59.Kd3! Sxd4 60.Kxd4! Kc6 61.Ke3 Kxb7, weil jetzt mit z.B. 62.Kxf3 der f3-Freibauer fällt, denn der Turm steht ja hier auf g8 statt auf f8.
Falsch wäre hingegen 58.Lf2??, weil der Turm jetzt aktiver steht (gegenüber 57...Tf8!?) und somit 58...Tg2! gewönne. Nach 59.b7 einfach 59...Kc7! und nach 60.Sb5+ Kb8!?, damit dem Weißen die Folgeschachs ausgehen.
Final noch die Anmerkung, dass Weiß gar nichts droht. Es war eher Schwarz am Drücker und am Testen, ob Weiß seinen Laden sauber halten kann, wie wir in den beiden Varianten gesehen haben. Mit 57...Kc8?? behandelte Schwarz seine Stellung also so, als wäre er im Zugzwang gestanden ...
Beginnen wir mit dem KIKA-Turnier: Kinder können's auch! Audreys jüngere Schwester Tiffany hat hier mit 3/7 ein super Turnier gespielt. Auch Isabellas jüngere Schwester Timea (2,5/7) und Julius jüngere Schwester Luise (1,5/7) hatten einen guten Einstand und ganz viel Spaß. :)
An der Stelle noch einmal der Hinweis, dass das KIKA-Turnier auch außerhalb der Deutschen Jugendmeisterschaft gespielt werden kann. Von Württemberg nehmen häufig Geschwisterkinder dran teil, aber auch Nicht-Qualifikanten dürfen daran teilnehmen. Vielleicht möchte man mir entgegnen, dass Willingen eine gute Strecke entfernt sei, aber ich verweise einfach mal auf die anderen Landesverbände im Bundesgebiet, welche ja auch zahlreich daran teilnehmen. Aber das Thema ist ein alter Hut, kommen wir mal zu unseren Athleten in der Deutschen Jugendmeisterschaft:
Am Dienstagabend stehen folgende Spieler und Spielerinnen am besten da:
Eduard Rau in der U10 mit 3,5/4, Isabella Bakó in der U10w mit 3,5/4, Paulina Stasaitis in der U12w mit 2,5/3, Marius Deuer in der U14 mit 2,5/3 sowie Tobias Kölle in der U18 mit 2,5/3.
Isabella hatte dabei eine exzellente Doppelrunde am Dienstag. Morgens hatte sie Weiß. Sie ließ hier einen taktischen Gewinn im linken Diagramm aus. Diesen löse ich im nächsten Artikel auf. Statt dem besten Zug spielte sie 18.Db3?, welches gut mit 18...Dd6 und Mattdrohung auf d2 und Deckung des angegriffenen Läufers b4 verteidigt wurde. Nach 19.Td1 Lxc3 20.bxc3 griff die Gegnerin mit 20...Dxh2?? fehl, wie gewann Isabella jetzt entscheidend Material?
Quelle: DSJ
In ihrer Nachmittagsrunde gewann sie, indem die Gegnerin den Springer d4 nicht ausreichend deckte. Dame und Turm der Weißen waren keine guten Verteidigungsfiguren gegen Isabellas Springer und Läufer. Mit Mehrqualität spielte sie die Partie trocken runter.
Eduard machte es Isabella gleich mit einem Doppelsieg am Dienstag.
Nachmittags (links) quälte er sich mit Weiß gegen den Franzosen seines Gegners ab, ehe dieser in Gewinnstellung böse fehlgriff mit 29...Dc5. Eduard nutzte diese Restabbildschwäche mit 30.Txd3 eiskalt zum Sieg aus. Seine Nachmittagsrunde war also eine Fortsetzung der morgendlichen Achterbahnfahrt (rechts). Denn dort ging hin und her und her und hin. In der rechten Diagrammstellung entkorkte Eduard soeben 17...Sc6! Der Läufer a5 hatte daraufhin große Probleme, z.B. scheiterte 18.Lb6 an der Fesselung 18...Tb8 mit Eindringen des Turms auf der zweiten Reihe (...Txb2+ usw.). Aber auch 18.b4 Sxa5 19.bxa5 Lb4 (droht ...Se4+ und aus) 20.Ld3 g6 21.Lxf5 gxf5 22.Kd3 Se4 wäre kein Spaß für die weiße Seite gewesen. Eduards Gegner ließ sich auf 18.Lxa6 Sxa5 19.Lxc8 ein, doch Eduard war an dieser Stelle der Herr der Zwischenzüge.
Was zog er hier mit Schwarz am Zug? - Auflösung im nächsten Bericht.
Quelle: DSJ
Bei Marius laufen die Schwarzpartien bislang richtig rund. Er hat beide Partien gewonnen. Mit Weiß stand er auch richtig gut in Runde 2:
Links vertrug die Stellung 18.f5! sehr gut. Marius spielte anders. Der Punkt ist, dass 18.f5 logisch aussieht, aber wenn man es genauer berechnet, erkennt man das Problem 18...Sh5!? mit der Springergabel auf g3. Hier die Gewinnführung zu finden, grenzt an Unmenschlichkeit, aber dem geneigten Leser soll sie nicht vorenthalten werden: 19.fxg6!! Sg3+ 20.Kh2 Sxe2 und jetzt z.B. einfach 21.Txe2. Für den Moment hätte Weiß einfach nur den Springer gegen die Dame. Aber Schwarz steht so gedrückt, dass er nichts machen kann!! Das Absurde ist, dass Weiß mit dem Schlagen auf e8 mit dem f7-Bauern noch warten kann, ich gebe eine Beispielvariante: 22...Se5!? 23.Sd5!! (die nächste typische Bombe!) 23...Dd7 24.Sxb6! (den nimmt man in Form einer Springerschaukel schnell noch mit) 24...Dc7 25.Sd5! Dd7 26.fxe8D (jetzt dann doch mal schlagen) 26...Txe8 27.Sf6+ Lxf6 28.Txf6 Dg7 29.Tef2! Lc8 (es drohte 30.Sxe6) 30.Kg1 (einfach mal aus ...Dg3+ raus gehen). Was soll man sagen, am Ende bewertet der Computer diese Stellung mit +- 5 Bauerneinheiten für Weiß. Schwarz kann immer noch nichts machen, sein König ist ultra schwach und mit T6f4 fliegt der h4-Bauer aus der Stellung.
Um nicht ganz so viel Chaos zu erhalten, wäre mal ein Zug wie Dd2 möglich, aber Weiß verlöre etwas Initiative. Marius entschied sich für 18.Sxe6!?, was objektiv remis sein sollte, aber nicht so klar in einer praktischen Partie. Später stand er auch auf Gewinn, aber Schwarz verteidigte sich zäh und Marius kam sogar ins Hintertreffen. In Verluststellung bei weiterhin unklarem Spiel nahm sein Gegner das Remisangebot rechts an.